hr-iNFO-Büchercheck: Die Verbrannten von Antonio Ortuño

hr-iNFO-Büchercheck: Die Verbrannten von Antonio Ortuño

07.01.2016

Der Krimi „Die Verbrannten“ von Antonio Ortuño beginnt mit einem absichtlich gelegten Feuer in einer Flüchtlingsunterkunft in Mexiko.
hr-iNFO Büchercheckerin Karin Trappe hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
„Die Das Feuer hat vierzig Tote und Dutzende Verletzte gekostet, doch in Santa Rita, einem fiktiven Ort tief im Süden Mexikos, ist niemand wirklich an der Aufklärung interessiert. Die Sozialarbeiterin Irma von der Nationalkommission für Migration bekommt das zu spüren, als sie bei der Untersuchung helfen soll. Die Beamten weichen aus, und die Flüchtlinge, die meisten aus Zentralamerika auf dem Weg in die USA, schweigen beharrlich.

Wie ist es geschrieben?
„Die Verbrannten“ von Antonio Ortuño ist das vielschichtige Portrait eines menschen-verachtenden Systems. Der mexikanische Autor erzählt die Ereignisse in Santa Rita aus verschiedenen Perspektiven. Neben Irma kommen auch Behörden, Opfer und Täter zu Wort. Die Grausamkeiten werden nicht beschönigt, im Gegenteil. Es gibt drastische Schilderungen von Gewaltszenen, die fast dokumentarischen Charakter haben. Zugleich spürt man immer die Wut und den Zorn des Autors über den alltäglichen Rassismus in Mexiko. Das ist wahnsinnig spannend erzählt, auch wenn die Nähe zur Realität oftmals schmerzt.

„Seine Rolle in dem Geschäft, das hier betrieben wird, sei lediglich, die Migranten zu bewachen, die mit dem Zug aus Zentralamerika kommen. Sie würden den Schiebern aus dem Süden abgekauft. Manchmal beschränke man sich darauf, von den Migranten zusätzliches Geld zu verlangen, damit sie passieren dürfen, oder man verkaufe ihnen ein bisschen Wasser oder Essen. Manchmal, wenn die Gruppe groß ist und danach aussieht, dass man ihr mehr abknöpfen kann, entführe man sie. Von einigen bekomme man Lösegeld, andere würden gezwungen, als ‚Fischer’ von anderen Unglücklichen zu arbeiten oder gleich als Spitzel. Wenn einer sich weigere, dann werde er halt getötet. Dasselbe gilt für die, die fliehen.“

Wie gefällt es?
„Die Verbrannten“ von Antonio Ortuño ist harte Kost. Dieses Buch hat mich in den Bann gezogen. Es hat mich entsetzt, manchmal angeekelt. Vor allem aber hat es mich wütend gemacht, dass es solche Zustände tatsächlich gibt. Dass Menschen dazu in der Lage sind, anderen Menschen derartiges Leid anzutun. Ein realistischer Krimi, der lange nachhallt.

hr-iNFO

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gebundenes Buch, 256 S.
Sprache: Deutsch
Verlag Antje Kunstmann GmbH
ISBN: 9783956140556